Interview mit BBH-Partner Christoph von Donat über das EU-Beihilfenrecht

„Als Rechtsanwalt Recht zu bekommen“, ist für Christoph von Donat das Highlight seiner Arbeit als EU-Beihilfenrechtler. In diesem Interview klärt er auf, womit man zu rechnen hat, wenn man sich für das europäische Beihilfenrecht entscheidet.

„Als Rechtsanwalt Recht zu bekommen“, ist für Christoph von Donat das Highlight seiner Arbeit als EU-Beihilfenrechtler. In diesem Interview klärt er auf, womit man zu rechnen hat, wenn man sich für das europäische Beihilfenrecht entscheidet.

Sie sind Experte für das Europäische Beihilfenrecht. Was genau machen Sie da eigentlich?

Dazu muss man erst einmal wissen, dass die Förderung mit staatlichen Mitteln eigentlich verboten ist. In der Praxis wird aber sehr viel gefördert. Das heißt, wir beraten beispielsweise die öffentliche Hand oder Projektträger, in welchem Umfang sie welche Unternehmen fördern dürfen. Außerdem beraten wir Unternehmen, wie viel Förderung sie bekommen dürfen. Auf der anderen Seite beraten wir Unternehmen, die sich darüber ärgern, dass Wettbewerber Fördermittel erhalten. In den ersten beiden Fällen – bei denen, die fördern wollen, und bei denen, die gefördert werden sollen -– kann das dazu führen, dass man bei der Europäischen Kommission Beihilfen anmelden muss und dann das Genehmigungsverfahren begleitet. Für Wettbewerber, die sich beschweren wollen, kann eine Wettbewerbsbeschwerde bei der Kommission eingereicht werden. Dieses Verfahren betreuen wir dann auch.  

Wie sieht ein typischer Arbeitstag in der Beratung in beihilferechtlichen Fragen bei BBH aus?

Ein Teil besteht darin, dass ich meine Fälle bearbeite und mit Mitarbeiter:innen deren Fälle bespreche. Dann bespreche ich mit Kolleg:innen aus anderen Rechtsgebieten, ob ihre Fälle möglicherweise beihilfenrechtliche Fragestellungen aufweisen. So vergeht der Tag weitestgehend mit Besprechungen. Dazu kommt die Arbeit an Schriftsätzen und Gutachten, der Rest ist Verwaltung. 

Dadurch das man mittlerweile fast alle Besprechungen online macht, geschieht die meiste Arbeit vom Büro aus. Ganz extrem merke ich diesen Unterschied zu früher bei der Europäischen Kommission. Früher bin ich so oft nach Brüssel geflogen, dass ich mir dort eine Wohnung nehmen musste. Heute finden fast nur noch Online-Besprechungen statt. Die Teilnehmer:innen müssen nicht mehr aus unterschiedlichen Orten anreisen. Es ist einfacher, sich virtuell zu treffen und nicht darauf hoffen zu müssen, dass der Flieger oder die Bahn einigermaßen pünktlich kommt. Besprechungen vor Ort-sind immer wieder ausgefallen. Auch für die Kommissionsmitarbeiter:innen ist es effektiver, die Themen online behandeln zu können, als sich in einem  Besprechungsraum zusammenzusetzen. 

Was den Zugriff auf Brüsseler Pralinen angeht ist das aber natürlich sehr schade. 

Wann wussten Sie, welcher Rechtsbereich der richtige ist? Was ist für Sie das Spannende am EU-Beihilfenrecht?

Ich musste das Beihilfenrecht zwangläufig lernen, weil ich dafür eingestellt worden bin, ohne es zu wissen. Ich wollte europäisches Wettbewerbsrecht machen; bei einer Einrichtung des Bundes wurde mir allerdings gesagt, dass ich dafür Beihilfenrecht machen muss. Das habe ich dann auch gemacht. Nach ein paar Jahren hatte ich das Gefühl, dass ich das EU-Beihilfenrecht kannte und das es vergleichsweise wenig Konkurrenz gibt. Und dann dachte ich mir, dass ich als Anwalt bei diesem Thema auch bleiben kann, wenn ich es schon mal gelernt habe. 

Das Spannende am europäischen Beihilfenrecht ist für mich die Frage, ob und in welchem Umfang der Staat sich in die Wirtschaft einmischen soll. Sollte er beispielsweise mit staatlichen Mitteln Unternehmen in Schwierigkeiten am Markt halten, obwohl sie ausscheiden würden, wenn der Staat nicht eingreift? Viele Sachen würden so nicht geschehen in der Wirtschaft, wenn der Staat nicht eingreifen würde. Deswegen stellt sich eben die Frage, in welcher Form und in welchem Umfang der Staat mit Geld unterstützen sollte. Diese Frage steckt eigentlich hinter jedem von mir betreuten Fall. 

Welche besonderen Herausforderungen sehen Sie in Ihrer Arbeit?

Die Herausforderung insbesondere für einen Juristen ist, wirtschaftliche Sachverhalte zu erfassen. Es geht letztlich im Beihilfenrecht immer um Geld. Man muss ein Verständnis dafür entwickeln, wie Wirtschaft funktioniert, um die Fälle richtig aufbereiten zu können. 

Sie sind seit Mitte des Jahres Partner bei BBH. Worauf freuen Sie sich hier am meisten?

Da kann ich auf meine Antwort zu der Frage nach den großen Herausforderungen in meiner Arbeit zurückkommen. Die Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Zusammenhänge wird nun deutlich einfacher, denn bei BBH und insbesondere auch bei BBHC gibt es eine Vielzahl von Kolleg:innen, die sich in wirtschaftlichen Fragen sehr gut auskennen und vertiefte Kenntnisse, beispielsweise bei der Auswertung von Bilanzen, mitbringen. Ich glaube, die Zusammenarbeit wird die Arbeit deutlich vereinfachen und insbesondere auch die Möglichkeit eröffnen, zusammen komplexere Probleme anzugehen. 

Was war der schönste Moment in Ihrer Karriere als Anwalt?

Natürlich, als Rechtsanwalt Recht zu bekommen! 

Interessanterweise war dieser Moment, auf den ich anspiele, gar nicht im Beihilfenrecht, sondern im Vergaberecht. Recht zu bekommen, ist immer dann besonders spaßig, wenn alle anderen der Auffassung sind, dass es so nicht gehen kann. Das gilt vor allem vor dem Europäischen Gerichtshof. Damals ging es darum, dass Kommunen Aufträge ab einer bestimmten Größenordnung ausschreiben mussten, selbst wenn sie eine andere Kommune beauftragen wollten. Eine Kommune konnte nicht eben mal eine andere Kommune fragen, ob sie die Arbeit mit übernimmt. Das fanden viele falsch, aber das galt als die Rechtslage. Ich habe damals die Bundesrepublik Deutschland in einem Vertragsverletzungsverfahren vertreten und wir haben letztendlich vom EuGH Recht bekommen. Die meisten Kolleg:innen haben gesagt, dass das nicht gut gehen kann … aber es ging gut und das macht dann natürlich Spaß. 

Welchen Ratschlag hätten Sie gerne am Anfang Ihrer Karriere gehört?

Ich habe mit Sicherheit viele Ratschläge bekommen. Ich fürchte aber, dass ich nicht hingehört habe. Und das ist das Problem mit Ratschlägen. Ich denke man muss seine Erfahrungen selbst machen. Gerade die Frage, ob eine Spezialboutique das Richtige für einen ist, oder ob es doch ein größeres Team mit unterschiedlichen Spezialisierungen sein sollte, muss jeder für sich selbst beantworten. Da hilft ein Ratschlag leider nicht. Deswegen habe ich auch keinen Ratschlag, den ich mitgeben würde. Nur den, dass ich das mit der berüchtigten Work-Life-Balance immer noch nicht herausgefunden habe. Probleme, nach der Arbeit abzuschalten, habe ich aber nicht, nur mit der Arbeit aufzuhören. 

Vielen Dank für das Gespräch!