Dritte KlimAKonferenz der BBH-Gruppe: Die kommunale Wärmewende: Aktuelle Herausforderungen und ihre Finanzierung

Das erste informelle Treffen anlässlich der Dritten KlimAKonferenz fand bereits am Vorabend am Pool des EUREF-Campus in Berlin statt. Dieser wurde aufgrund der herbstlichen Temperaturen zwar nicht zu seiner eigentlichen Bestimmung genutzt, für einen ersten Austausch und interessante Gespräche fanden sich am Beckenrand aber durchaus zahlreiche Gelegenheiten.

Am sonnigen Dienstagmorgen begrüßte BBH-Partner und Rechtsanwalt Prof. Dr. Christian Theobald die rund 70 Teilnehmenden der offiziellen Veranstaltung auf dem EUREF-Campus – „einem Zukunftsort, an dem 5000 Menschen in den Themenfeldern Energie, Mobilität und Nachhaltigkeit forschen, lernen und arbeiten“. Ein Thinktank der Transformation also, und damit zweifellos ein idealer Veranstaltungsort für die Dritte KlimAKonferenz der BBH-Gruppe. Diese stand dieses Jahr ganz im Zeichen der kommunalen Wärmewende. Im ersten Teil der Veranstaltung sollten deren Bausteine und Herausforderungen anhand von Vorträgen und konkreten Fallbeispielen dargestellt und diskutiert werden, während es im zweiten Teil ans Eingemachte ging: ans Geld. In zwei Impulsen und einem Panel sollte dann die Finanzierung der kommunalen Wärmwende Thema sein. „Eine drängende Frage, denn es soll schließlich nicht am Geld scheitern“, so Theobald.

Im ersten Beitrag der Veranstaltung ging es ganz allgemein um die Energiewende in Deutschland – ein Thema, für das es wohl kaum einen geeigneteren Referenten gibt als Jürgen Trittin, Grünen-Urgestein und ehemaliger Bundesumweltminister, der u.a. maßgeblich am Atomausstieg beteiligt war. Zunächst schilderte er die allgegenwärtigen Auswirkungen des Klimawandels, um anschließend den Bogen zum Thema der KlimAKonferenz zu spannen: Die kommunale Wärmewende betrifft rund 40 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland. Rückblickend erinnerte Trittin an den Beginn der Energiewende: die Novellierung des Atomgesetzes (Atomausstieg), das Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Einführung des Emissionshandels. Eine Erfolgsgeschichte, so Trittin: „Mit der Energiewende haben wir zwei Schweine geschlachtet, Atom- wie Kohlekraftwerke.“ Dadurch wurde auch die Versorgungssicherheit in Deutschland verbessert. Mit Bezug auf die kommunale Wärmewende mahnte Trittin an, dass es eine verlässliche Finanzierung braucht. Er verwies auf die Dringlichkeit der Energiewende und die besondere Bedeutung, die die kommunale Wärmewende dabei spielt – und gab den Anwesenden mit auf den Weg: „Global denken, kommunal handeln.“

Im Anschluss referierte Corinna Enders, Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena), die wichtigsten nächsten Schritte der Klima- und Wärmwende auf örtlich-regionaler Ebene. Zunächst betrachtete sie den Gebäudesektor: die Heizungstechnologien müssen dekarbonisiert werden, es muss saniert werden und die Wärmenetze müssen aus- und umgebaut werden. Nach wie vor ist die Wärmeerzeugung fossil geprägt (78 Prozent). Zudem ging sie auf das Thema „Kommunikation“ ein, denn der diesjährige Einbruch beim Verkauf von Wärmepumpen fußt nach Enders in erster Linie auf einem Vertrauensverlust der Verbraucher. Zum aktuellen Stand der kommunalen Wärmeplanung stellte Enders fest, dass mehr als ein Drittel der Kommunen bereits damit begonnen haben. Vor allem fehlende personelle und finanzielle Ressourcen sind einer Umfrage zufolge Gründe, dass Kommunen noch nicht in die Wärmeplanung gestartet sind. Neben der Finanzierung verwies Enders auf ein zweites großes Problemfeld im Kontext der kommunalen Wärmewende: die soziale Akzeptanz. „Wenn wir nicht die Bürger mitnehmen, kann auch die Wärmewende nicht gelingen.“

BBH-Partnerin und Rechtsanwältin Juliane Kaspers moderierte das erste Panel der Veranstaltung, dessen Teilnehmer eine „Zwischenbilanz der Wärmewende“ zogen – anhand ganz konkreter Beispiele aus der Praxis, aus der Sicht der Versorger, aus der Sicht der Städte und Gemeinden sowie aus Beratersicht. Zu den Panelisten gehörte Georg Friedrichs, Vorstandsvorsitzender der GASAG AG, der davon ausgeht, dass der Wärmeplan in Berlin pünktlich 2026 fertiggestellt sein wird. Ermutigend ist seine Feststellung, dass die kleinen Kommunen in Brandenburg viel früher als gefordert einen Wärmeplan finalisiert haben, ein Drittel nämlich bereits 2025. Aus Berlin stellte er zwei Projekte vor, ein Neubauquartier, dessen Energiebedarf durch Geothermie gesichert wird, und ein Projekt, das durch Abwärme durch Rechenzentren versorgt werden soll. Es folgte Volkmar Langefeld, Geschäftsführer der Stadtwerke Frankenthal, der von der Errichtung eines neuen Fernwärmenetzes von 90 Kilometern Länge berichtete. Basis ist eine industrielle Kläranlage, deren Abwärme genutzt werden soll. Auf zwei Probleme wies Langefeld hin: zum einen die Finanzierung, da die BEW-Förderung in ihrer Ausgestaltung so nicht „bankable“ ist und darüber hinaus Technologieoffenheit vermissen lässt, um energetisch sinnvolle Wärmepumpenkonzepte mit KWK-Anlagen zu kombinieren. Hier erhofft er sich mehr Technologieoffenheit und Förderflexibilität. Zum anderen – wie auch an anderer Stelle an diesem Konferenztag erwähnt – die Kommunikation. „Die aktuelle Bundesregierung hat viel dafür getan, dass das Ausmaß der Verunsicherung und der Verängstigung der Bevölkerung, der Industrie, aber auch der Verwaltung quasi gegen unendlich geht.“ Es muss also nach wie vor noch viel vermeidbare Überzeugungsarbeit geleistet werden. Der nächste Impuls stammte von Johannes Rager, Geschäftsführer der Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim in Baden-Württemberg, wo die kommunale Wärmeplanung schon sehr viel früher Pflicht war als in anderen Bundesländern. Acht bereits bestehende Wärmenetze müssen hier miteinander verbunden werden. Die Fernwärme, die hier eingespeist wird, stammt unter anderem von Deutschlands größter Solarthermieanlage. Seiner Meinung nach „nehmen Projekte durch die kommunale Wärmeplanung an Fahrt auf. Die kommunale Wärmeplanung ist der Gamechanger.“ Als Nächstes zog BBH-Partner Roland Monjau eine Zwischenbilanz zur kommunalen Wärmeplanung und blickte grundsätzlicher auf die Produktentwicklung. Was verkaufen wir als Versorger? Z.B. im Wettbewerb Fernwärme vs. Wärmepumpe? Als größte Herausforderung arbeitete er den Netzausbau heraus. „Es wird ein Marathonlauf – und da die Politik mit am Ball zu halten, das wird eine spannende Aufgabe.“ Aus einem anderen Blickwinkel näherte sich schließlich Timm Fuchs, Beigeordneter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, der Zwischenbilanz. Er stellte klar, dass der Start der Wärmewende alles andere als optimal verlief, was zur Verunsicherung in den Kommunen beitrug und schlussendlich dazu führte, dass die Rahmenbedingungen vielerorts noch gar nicht da sind. Die sozialen Aspekte des Transformationsprozesses und die Zukunft der Gasnetze waren zwei zentrale Punkte der anschließenden Diskussion. Zudem ging es um eine mögliche Regulierung der Wärmenetze. Das – da waren sich alle Panelisten einig – würde die Geschwindigkeit der Wärmewende negativ beeinflussen.

Der zweite Teil des Konferenztages war der Finanzierung der kommunalen Wärmewende gewidmet. Dr. Tobias Brosze, Geschäftsführer der Palladio Kommunal GmbH, eröffnete und stellte Finanzierungsansätze für kommunale Infrastrukturprojekte vor, die die Stärkung des kommunalen Eigenkapitals, den Ausbau des Fremdkapitals und schließlich die Nutzung von fremdem Eigenkapital beinhalten. Für Letzteres bedarf es eines tragfähigen Business-Cases – und es würde nicht im Rahmen einer Direktbeteiligung auf der Ebene eines ganzen Energieversorgers funktionieren, sondern über eine Direktbeteiligung auf unteren Gesellschaftsebenen oder einem Pachtmodell.

„Schuldenbremse, Sondervermögen und Klimaschutz als Gemeinschaftsaufgabe nach Art 91a GG“ war das Thema des Vortrags von Prof. Dr. Johanna Wolff. Ausgangspunkt ist natürlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023, durch das erhebliche Mittel des Klima- und Transformationsfonds nicht mehr für die Finanzierung der Transformation zur Verfügung standen. Im Weiteren stellte Wolff drei Reformvorschläge vor. Erstens: die Schuldenbremse abschaffen oder sie massiv lockern. Auch im zweiten Vorschlag ging es darum, die Spielräume für die Verschuldung auszuweiten, aber gezielt auf bestimmte Bereiche bzw. Aufgaben. Vorbild ist das Sondervermögen Bundeswehr, das nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine eingerichtet worden ist. Ein dritter Ansatz richtet sich auf die Umverteilung vorhandener Mittel. Nach Wolff haben „alle drei Varianten ihren Charme“, sie gibt aber zu bedenken, dass die Frage offen ist, ob man dafür politischen Mehrheiten findet. 

BBH-Partner und Rechtsanwalt Dr. Olaf Däuper eröffnete das zweite Panel des Tages, an dem auch Dr. Tobias Brosze und Prof. Dr. Johanna Wolff teilnahmen. Zu den Diskutanten gehörte außerdem Dr. Götz Brühl, Geschäftsführer der Stadtwerke Rosenheim GmbH & Co. KG, der in einem Statement konstatierte, dass insbesondere die fehlenden personellen und finanziellen Ressourcen Probleme bereiten. „Die fehlende Finanzierung verzögert oder stoppt den Umbau des Energiesystems“, so Brühl. Sein Vorschlag: Die Wärmewende muss langsamer angegangen werden, eher 2060 als 2040, und 95 Prozent CO2-Reduktion statt 100 Prozent. Schließlich griff er noch einen Punkt auf, der bereits im ersten Panel zur Sprache kam: „Wenn im Fernwärmebereich reguliert wird, werden die Investitionen gestoppt.“ Nächster Impulsgeber war BBH-Partner, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Tobias Sengenberger, der zunächst feststellte, dass die Wärmewende nur finanziert werden kann, „wenn es stabile Ertragslagen in den Stadtwerken gibt.“ Er plädierte dafür, dass die Politik für ein stabiles Preissystem in der Wärmeversorgung sorgen muss. Nach Sengenberger wird die Masse der benötigten Investitionen von den Banken getragen werden. Dafür aber bedarf es der bankability von Projekten. Last but not least kam Stefan Tessin, Senior Banker Öffentliche Kunden Deutschland der UniCredit Bank GmbH, zu Wort, der anmahnte, dass Stadtwerke gegenüber Fremdkapitalgebern transparenter sein müssen. Abschließend gab er noch einen „leichten positiven Ausblick“: Seiner Meinung nach bewegen sich die Stadtwerke in einer Assetklasse, die im Vergleich zu anderen Branchen sehr stabil ist.   

Nach diesem Konferenztag mit vielen kundigen Fallbeispielen, spannenden Diskussionen und interessanten Ideen verabschiedete sich Prof. Dr. Christian Theobald von den Anwesenden. Er betonte noch einmal, wie sich die Bedeutung der Wärmeplanung und der richtigen Kommunikation wie ein roter Faden durch die Veranstaltung zog. Personalaufbau und Kooperation kristallisierten sich als wichtige Stellschrauben für die Wärmewende heraus. Sein Fazit: „Daseinsvorsorge gilt auch beim Klimaschutz. Stadt- und Gemeindewerke sind zentrale Säulen der Energie- und Wärmewende. Auf sie wird und muss auch zukünftig Verlass sein.“

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