Regulierungskonferenz des AK REGTP: Eine Standortbestimmung für den Verteilnetzbetrieb
Mit Spannung hatte man der 12. Regulierungskonferenz entgegengefiebert. Schließlich sollte die gemeinsame BBH/BBHC-Studie „Verteilnetzbetreiber 2030“ erstmals öffentlich vorgestellt werden – entsprechend groß war der Andrang am 15. Mai in Berlin. Nicht wenige der Konferenzteilnehmer hatten selbst aktiv an der Studie teilgenommen und so dazu beigetragen, dass überdurchschnittlich repräsentative Ergebnisse erzielt werden konnten: Mit über 200 validen Datensätzen bildete man beachtliche 20 % der gesamten Verteilnetzwirtschaft statistisch ab.
Verteilnetzbetreiber seien aufgrund ihrer dezentralen Aufstellung unverzichtbare Akteure für die Umsetzung der Energiewende, so eine zentrale These der Studie. Da sie in der Regel mehrere Medien betreiben, seien sie außerdem Experten für die Sektorkopplung. „Mit KWK leisten Verteilnetzbetreiber bereits einen wichtigen Beitrag für die Sektorkopplung“, so BBHC-Vorstand Peter Bergmann, der zusammen mit dem Vorstands-Kollegen Dr. Andreas Lied die Ergebnisse der Studie aufzeigte. Genügend Potential für weitere Sektorkopplungen sei vorhanden. Unerheblich sei dabei grundsätzlich die Größe des Netzbetreibers, da bestimmte Leistungen auch über Kooperationen oder externe Dienstleister abgedeckt werden könnten. Schließlich tragen Verteilnetzbetreiber – genauso wie Übertragungsnetzbetreiber – die Systemverantwortung, indem sie Systemdienstleistungen erbringen. Dafür benötigen sie aber auch dieselben Werkzeuge und Daten, die den Übertragungsnetzbetreibern zugestanden werden.
„Stadtwerke haben eine sehr günstige Ausgangslage für die Sektorkopplung“, pflichtete der Vize-Präsident der Bundesnetzagentur Peter Franke bei. Das bedeute aber kein Entlassen aus den ordnungsrechtlichen Vorgaben. Die Entscheidungsfreiheit bei den Instrumenten der Systemdienstleistungen müsse innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens passieren und die Unbundling-Vorgaben seien einzuhalten. Wie die Stellung von Energiespeichern rechtlich einzuordnen sei, müsse man diskutieren.
Keine absolute Freiheit der Mittel und Autarkie der Verteilnetzbetreiber, sondern die Gleichberechtigung mit den Übertragungsnetzbetreibern und Respekt vor Eigentum und Verantwortlichkeiten forderte BBH-Partnerin Dr. Ines Zenke, die zusammen mit Prof. Dr. Christian Theobald die Konferenz moderierte. „Es geht nicht darum, sich in einen rechtsfreien Raum zu begeben“, stimmte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des VKU Michael Wübbels ein. Es gehe um den Transformationsprozess im Energiesystem und die Konsequenzen, die sich daraus für die Verteilnetzbetreiber ergeben. Die Zusammenarbeit zwischen Übertragungsnetzbetreibern und Verteilnetzbetreibern müsse völlig neu definiert werden – innerhalb eines gesetzlichen Rahmens, den es allerdings weiter zu entwickelt gilt. Inwiefern ist der derzeitige Ordnungsrahmen also überhaupt noch zeitgemäß?
Eine Kooperation zwischen Übertragungsnetzbetreibern und Verteilnetzbetreibern bei Flexibilitätsoptionen kann sich Dr. Rainer Pflaum, Geschäftsführer des Übertragungsnetzbetreibers Transnet BW jedenfalls grundsätzlich vorstellen, etwa in Form einer zugriffsoffenen Plattform. Wie genau die Spielregeln dabei aussehen und gleichzeitig Doppel-Zugriffe auf ein und dieselbe Anlage verhindert werden könnten, blieb allerdings offen. Den Vorwurf von Atomisierungs-Bestrebungen des Gesamtsystems, die Dr. Pflaum in die Studie hineinlas, wies Dr. Andreas Lied zurück: Der Begriff „Atomisieren“ sei unpassend, das Gesamtsystem habe sich nun einmal dezentralisiert. Die Frage ist deshalb vielmehr: Wie reagiert man darauf adäquat? Die Systemintegration könne nicht dezentral sein, nur weil die Einspeisung dezentral erfolgt, sagte Dr. Pflaum. Umgekehrt muss das aber auch nicht bedeuten, dass eine zentrale Steuerung sinnvoll und notwendig ist. Vorstellbar wären z.B. dezentrale Cluster, so Dr. Ines Zenke. Und: „Regionale Probleme tauchen beim Übertragungsnetzbetreiber ja gar nicht auf“, ergänzte Olaf Schneider, Geschäftsführer der EVH GmbH.
Wo die Zuständigkeiten der Verteilnetzbetreiber enden und die der Übertragungsnetzbetreiber beginnen bzw. die Zusammenarbeit zwischen den vertikalen Netzebenen in Zukunft gestaltet werden sollte, konnte damit weder abschließend noch einstimmig geklärt werden. Deutlich wurde aber, dass BBH und BBHC in ihrer Studie wichtige Befunde ermittelt und klare Thesen entwickelt haben, die für die weitere politische Diskussion unentbehrlich sind.
Fotos: Susanne Kitzmann/Copyright: BBH
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