Interview mit BBH-Partnerin Prof. Dr. Ines Zenke
„30 Jahre BBH – und kein Tag langweilig!“ Im Interview teilt BBH-Partnerin Prof. Dr. Ines Zenke ihre Eindrücke aus drei Jahrzehnten Kanzleialltag: Warum ihr Energierecht so viel Freude bereitet, was einen typischen Tag bei BBH ausmacht und welche Eigenschaften Anwältinnen und Anwälte unbedingt mitbringen sollten. Sie berichtet von spannenden Herausforderungen, ihrem persönlichen Zeitmanagement und gibt wertvolle Ratschläge für die Karriere.
Sie sind seit 30 Jahren bei der BBH-Gruppe. Wird Ihnen Ihr Job nicht langweilig?
(Lacht) Welch fulminante Einstiegsfrage.
Und nein, tatsächlich nicht einen einzigen Tag. Unsere Themen – Energie, Infrastrukturen, Transformation – verändern sich ständig. Sie betreffen einfach jede und jeden und sind eben nicht nur rechtlich interessant. Wirtschaft und Politik sind mit ihnen mächtig herausgefordert und damit auch unsere Mandant:innen und Kund:innen. Wenn ich so darüber nachdenke, wurde es mit der Zeit immer spannender.
Worauf freuen Sie sich, wenn Sie am Morgen ins Büro kommen?
Auf die vielen freundlichen Gesichter. Ein Lächeln am Empfang, ein kleines Schwätzchen im Aufzug mit zufällig mitfahrenden Kolleg:innen, Katja, mein Büro, Kaffee. Die ersten Telefonate habe ich zu diesem Zeitpunkt schon hinter mir.
Man munkelt, Anwälte schreiben nur Schriftsätze und sitzen in Zoom-Meetings. Können Sie das bestätigen? Wie sieht ein typischer Tag bei BBH für Sie aus?
Über einen ganzen Tag, an dem ich mal in Ruhe an Schriftsätzen schreiben darf, freue ich mich. Damit das klappt, buche ich mir tatsächlich selbst einen Termin, sobald eine Mandantin oder ein Mandant mit Fristen konkret wird. Bestenfalls bleibt der Termin, aber tatsächlich ist mein Kalender in ständiger Bewegung. Manchmal braucht es dazu nur etwas Tetris-Spiel-Erfahrung, manchmal erledigt sich aber auch gleich die gesamte Tagesplanung … Ein Eilt-Anruf kommt rein, ein überraschendes Urteil wird gefällt, ein Notfall in der Produktionsanlage einer Mandantin taucht auf, eine Überwachungsbehörde steht vor der Tür, ein Ministerium kann nun erst später, ein Politiker oder eine Politikerin/ein Journalist oder eine Journalistin kann nur jetzt (oder die Sache ist erledigt), eine Krisen-PR steht an, eine Compliance hat versagt, eine Personalangelegenheit ist eilig geworden, ein Gespräch dauerte 10 Minuten zu lange, ein Aufsichtsrat braucht eine Ad-hoc-Beratung, ein Bürgermeister braucht genau jetzt 5 Minuten, …
Lange Meetings oder Aufsichtsratssitzungen, Außentermine, Konferenzen oder einen ganzen Tag digitale Meetings am Stück gibt es aber auch.
Warum Energierecht? Was hat Sie bereits vor Ihrem Studienabschluss überzeugt?
Mir gefiel von Anfang an der wirtschaftlich-technische Bezug des Energierechts. Später kamen dann die politische Dimension und die klimapolitische Relevanz des Themas dazu. Außerdem fand ich es schon immer spannend, mit Menschen aus anderen Bereichen (wie Technik, Volkswirtschaft, Politik oder Journalismus) und nicht zuletzt mit Unternehmer:innen oder z.B. Wirtschaftsverbänden zu arbeiten. Da merkt man, dass die Fähigkeit, Recht in eine verständliche Sprache zu übersetzen, so nicht an der Uni gelehrt wird.
Welche Eigenschaften sind als Rechtsanwalt/Rechtsanwältin essenziell?
Für mich ist es wichtig, die Mandant:innen zu verstehen und praktische Lösungen zu entwickeln. Richtig gut ist ein (Wirtschafts-)Anwalt bzw. eine (Wirtschafts-)Anwältin für mich, wenn er/sie rechtlich belastbare Lösung findet, die den Praxistest bestehen und unternehmenstauglich sind. Ich habe früh gelernt, dass ein gewonnenes Gerichtsverfahren die Mandant:innen nicht zwingend glücklich macht.
Was ist Ihre liebste Erinnerung als Anwältin?
Ach, da gibt es so viele. Ich bin seit 25 Jahren wirklich gern Rechtsanwältin.
Gibt es eine Entscheidung in Ihrer Karrierelaufbahn, die Sie heute nicht noch einmal so wiederholen würden?
So grundsätzlich gefragt, nein.
Und welchen Ratschlag geben Sie gern weiter?
Geben Sie sich nie mit „Geht nicht.“ zufrieden, fragen Sie immer auch, „Warum nicht?“ und „Wie geht es dann?“ Seien Sie mutig und stets maximal genau. Hören Sie nie auf, zu lernen, dem anderen zuzuhören und Ihre Positionen zu prüfen. Unterschätzen Sie Ihr Gegenüber nicht. Bleiben Sie neugierig. Denken Sie immer in den Kategorien Ihrer Mandant:innen, Jura ist kein Selbstzweck. Nehmen Sie Ihr Bauchgefühl ernst und verlieren Sie den Spaß bei der Sache nicht.
Sie haben ziemlich viel auf dem Zettel, scheint es: Anwältin, Präsidentin eines Unternehmerverbandes, Unternehmensführend im Verwaltungsrat der BBH-Gruppe, Aufsichtsrätin, ...
Nicht zu vergessen meine große Familie ...
Wie managen Sie Ihre Zeit?
Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt zum Beispiel Zeiten, da habe ich lange Listen, handgeschrieben, mit den To-dos, zum Abstreichen und Auffüllen. Dann gibt es Wochen, da schreibe ich gar nichts auf und lebe prima mit meinen Kalendereinträgen und der Erinnerung.
Zwei Tage pro Woche sind für Homeoffice reserviert, was dann klappt, wenn ich das terminfreie Fenster nicht kurzerhand für Außentermine belege. Morgens geht es recht früh los, aber nicht unbedingt im Büro. Manchmal brauche ich erst mal zwei Stunden am Rechner, um Themen vom Tisch zu bekommen.
Ich habe feste Zeiten am Abend mit der Familie; da weiß und akzeptiert jede:r, dass ich nicht erreichbar bin, es sei denn es brennt (was es eigentlich nie tut). Dafür geht’s am Abend oft noch mal an den Schreibtisch oder ans Telefon.
Entscheidend ist aber, dass ich in meinen unterschiedlichen Funktionen viele gute Teams habe, die sehr selbstständig arbeiten, mir den Rücken freihalten und mich inhaltlich gut briefen. Dazu gehört dann umgekehrt auch, dass ich ihnen vertraue; ich weiß, ich muss nicht überall dabei sein oder alles selbst machen.
Herzlichen Dank für das Gespräch!