BBH-Symposium: Digitalisierung und Cybercrime
Die Gaspipeline Nord Stream 2, der Tankstellenversorger Oiltanking oder die Deutsche Bahn sind lediglich drei aktuelle Sabotage-Beispiele, die zeigen, dass Deutschlands kritische Infrastruktur einem Cyberattacken-Dauerfeuer ausgesetzt ist. Auch auf Kommunen, Universitäten und Medienunternehmen haben es Internetkriminelle abgesehen. „Heute sind Cyberangriffe nicht mehr nur das Werk einzelner Hacker. Es handelt sich um organisierte Kriminalität, deren Geschäftsmodell auf Erpressung und dem Ansatz ,crime as a service‘ basiert. Der damit erbeutete Umsatz ist inzwischen größer als der des internationalen Drogenhandels“, machte BBH-Partnerin Prof. Dr. Ines Zenke in ihren einleitenden Worten deutlich. Über 146.000 angezeigte Cyberdelikte gab es im Jahr 2021, der Schaden für die deutsche Wirtschaft lag bei 225 Mrd. Euro. Tendenz steigend.
Wie ernst die Lage ist, ordneten Peter-Michael Kessow vom German Competence Center against Cyber Crime (G4C) und IT-Sicherheitsexperte Stefan Brühl von BBH Consulting in ihren Impuls-Vorträgen ein. Obwohl die Zahl der Attacken enorm ist, werden „nur zehn Prozent aller Angriffe angezeigt“, sagte Ex-Bundespolizist Peter-Michael Kessow. Dabei wirke sich jeder Cyberangriff auf die reale Welt aus – und damit auf die analoge Sicherheit. Stefan Brühl ergänzte, dass es Hacker immer öfter auf energiewirtschaftliche Unternehmen abgesehen hätten. Ein russischer Angriff auf das Satellitennetzwerk KA-Sat sorgte im Februar 2022 beispielsweise dafür, dass 5.800 Windkraftanlagen stillgelegt wurden. „Diese Anlagen waren nicht mehr erreichbar, sie waren im Blindflug“, so Brühl.
Die anschließende Podiumsdiskussion unter Leitung von BBH-Partner Dr. Jost Eder lieferte tiefere Einblicke in Sicherheitsaufgaben von Unternehmen. Mit dabei die Softwarehersteller Dr. Guido Moritz (SIV.AG) und Dr. Volker Kruschinski (Schleupen AG), BBHC-Vorstand Dr. Andreas Lied und IT-Unternehmer Klaus Kisters (Kisters AG). Letzterer berichtete aus erster Hand von den Folgen eines Hackerangriffs auf sein Unternehmen, der trotz höchster Sicherheitsanforderungen an Systeme und Mitarbeiter*innen nicht verhindert werden konnte. Die Kisters AG machte den Angriff bewusst öffentlich und ging nicht auf die Forderung der Er-presser ein. Die Polizeibehörden ermitteln bis heute. „Quintessenz – es kann jeden erwischen“, fasste Dr. Jost Eder die missliche Lage zusammen. Da die Frage weni-ger sei ob, sondern wann ein Unternehmen angegriffen werde, ergänzte Dr. Guido Moritz: „Das Erkennen eines Angriffs hat für uns den höchsten Stellenwert, noch vor Prävention und Vermeidung, da die Einfallstore so vielfältig geworden sind.“
Spannende weitere Themen des Abends waren das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (Stichwort: Smart-Meter-Rollout), der Datenschutz, der allgegenwärtige Fachkräftemangel sowie Plattformen als IT-Architektur – eines der Schwerpunktthemen von BBHC-Vorstand Dr. Andreas Lied. Er formulierte hierzu klar seine Vision: „Monolithische Software-Systeme sind nicht mehr zeitgemäß. Darum mein Wunsch: auf einer Plattform technische Lösungen so zu kombinieren, dass sie möglichst automatisiert und standardisiert sind, um Prozesse – zum Wohl der Kund*innen – möglichst schlank abwickeln zu können.“ BBH-Partner Prof. Christian Held rundete die Veranstaltung ab und freut sich auf die Fortsetzung der Tätigkeit von Dr. Andreas Lied für die BBH-Gruppe als Partner of Counsel.
Das Symposium kann jederzeit auf dem BBH-YouTube-Kanal nachgeschaut werden.
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